Als ich an diesem heißen Julitag mein Zeugnis in den Händen halte, fühlt es sich an, als würde die Welt um mich herum zusammenbrechen. Zwei Fünfer – in Mathe und Physik. Mein Magen verkrampft sich. Was werden meine Eltern sagen? Was werden meine Freunde denken? Und vor allem: Was soll ich jetzt tun?
Die Schockstarre nach dem Zeugnis
„Lena, das kann doch nicht dein Ernst sein!“, die Enttäuschung in Mamas Stimme ist nicht zu überhören. Papa schweigt, was irgendwie noch schlimmer ist. „Du hast doch den ganzen Frühling gesagt, dass alles unter Kontrolle ist!“
Habe ich das? Vielleicht. Wahrscheinlich. Aber in Wahrheit habe ich seit Monaten den Anschluss verloren. Der Stoff wurde immer komplizierter, und während meine Freundinnen Julia und Sophia problemlos mithalten konnten, verstand ich nur noch Bahnhof. Irgendwie habe ich schon im April gewusst, dass es so kommt, aber ich wollte es wohl nicht wahrhaben und so getan als wäre alles in Ordnung. Jetzt ist das Desaster perfekt.
Wiederholen oder Abbrechen? Die große Frage
In den nächsten Tagen besteht das Familiengespräch nur noch aus einem Thema: meiner Zukunft. Mama hat bereits drei Nachhilfeinstitute kontaktiert. Papa spricht von „durchbeißen“ und dass ein Jahr mehr oder weniger keine Rolle spiele. Wiederholen sei keine Schande.
Ich sitze dabei, nicke und fühle mich innerlich leer. Der Gedanke, alles noch einmal durchzumachen, mit einer neuen Klasse, neue Gesichter, während meine Freundinnen weiterziehen – es fühlt sich nicht gut an. Ich habe einfach kein gutes Gefühl, wenn ich daran denke. Außerdem, kann ich das überhaupt schaffen? Was ist, wenn ich auch nächstes Jahr durchfalle?
ChatGPT mein bester Freund
Ich gebe es zu, in dieser Zeit ist tatsächlich ChatGPT mein einziger wahrer Freund. Ich frage ihn alles Mögliche, was ich tun soll, was sinnvoll ist, „Was tun bei schlechten Noten“, „Schule abbrechen Optionen“. Und da stoße ich immer wieder auf den Begriff „Lehre mit Matura“. Aber irgendwie kann ich mir eine Lehre nicht vorstellen, da passe ich doch einfach nicht hin.
Chat-GPT ist geduldig ;). Er erzählt mir von Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich. Die in der Schule nicht zurechtkamen, aber in der praktischen Ausbildung aufblühen. Die parallel zur Lehre ihre Matura machen und damit eine ganz normale Matura haben. Menschen, die ihren eigenen Weg gefunden haben, und sich nicht drum gekümmert haben, was andere sagen.
Schule abbrechen und Eltern
Ja, das ist natürlich ein leidiges Thema. Als ich den Mut fasse, das Thema „Schule abbrechen“ beim Abendessen anzusprechen, ist die Reaktion genau wie erwartet.
„Ausgeschlossen! Du wirst doch nicht deine Zukunft wegwerfen!“, sagt Mama.
„Eine Lehre? Mit deinem Potenzial?“, fügt Papa hinzu, als wäre es eine Beleidigung.
Für meine Eltern – beide haben Matura gemacht – ist der Weg klar vorgezeichnet: Matura, Studium, ein Job im gehobenen Bereich. Eine Lehre kommt für sie einem Scheitern gleich. Sie sehen nicht, dass ich mich genau davor fürchte: weitere Jahre in einem System zu verbringen, in dem ich mich wie eine Versagerin fühle.
Schulsprecherin und trotzdem zur Matura
Es ist meine Tante Lisa, die alles verändert. Als Mama ihr von meinen Plänen erzählt, meinte sie:
„Ihr wisst schon, dass meine Kollegin Bettina genau diesen Weg gegangen ist?“, sagt sie ruhig. „Lehre mit Matura. Heute leitet sie eine ganze Abteilung. Verdient wahrscheinlich mehr als wir alle am Tisch.“
Die Stille danach ist greifbar. Dann fragt mein Vater zögernd: „Wirklich? Das kann ich mir nicht vorstellen. Und außerdem, was für eine Lehre sollte ich machen?“
Mein Weg zur Entscheidung
In den folgenden Wochen recherchieren wir gemeinsam. Ich besuche Infoveranstaltungen und schau mir TikToks zum Thema Lehre mit Matura an. Es gibt viele TikTok und Reels auf Instagram zum Thema Schule abbrechen, Matura und Lehre. Es geht um die Herausforderungen, aber auch um die Vorteile: Praxiserfahrung sammeln, eigenes Geld verdienen und trotzdem die Matura machen – nur eben auf einem anderen Weg.
Je mehr ich erfahre, desto klarer wird mir: Das könnte mein Weg sein. Nicht weil ich zu faul zum Lernen bin, sondern weil ich anders lerne. Weil ich den Stoff begreifen will, indem ich ihn anwende, nicht indem ich ihn auswendig lerne.
Schule abbrechen und Bauchgefühl
Heute stehe ich am Beginn meiner Entscheidung für eine Lehre zur IT-Technikerin mit begleitender Matura. Der Weg hierher war nicht einfach. Es gibt Tränen, Streit und Zweifel. Aber zum ersten Mal seit langem fühle ich mich nicht mehr wie eine Versagerin.
Ich lerne, dass es viele Wege zum Ziel gibt. Dass ein „Fünfer“ im Zeugnis nicht das Ende der Welt bedeutet. Und dass manchmal ein scheinbarer Umweg genau der richtige Weg sein kann.
Für alle, die wie ich vor dieser schwierigen Entscheidung stehen: Informiert euch über alle Möglichkeiten. Sprecht mit Menschen, die verschiedene Wege gegangen sind. Und am wichtigsten: Hört auf euer Bauchgefühl. Denn am Ende müsst ihr den Weg gehen – nicht eure Eltern, nicht eure Lehrer, nicht eure Freunde.
Die Lehre mit Matura scheint für mich die richtige Entscheidung zu sein. Ob sie es auch für dich ist? Das kannst nur du selbst herausfinden.